Der Abstimmungssonntag ist vorbei, die Schlacht um die Durchsetzungsinitiative ist geschlagen. Die SVP hat eine herbe Niederlage einstecken müssen. Was natürlich viele von uns freut. Aber das soll hier nicht das Thema sein.
Der Ausgang hat uns alle überrascht. Was in den letzten Wochen passiert ist, darf mit Fug und Recht als Meilenstein in der Schweizerischen Innenpolitik bezeichnet werden. Noch Ende des Jahres 2015 sah es schlecht aus für die Gegnerschaft. Dann ging ein Ruck durch das Land, und die politische Mitte mobilisierte eine beispiellose Protestbewegung gegen die Initiative. Und gegen einen mächtigen Gegner, denn bekannterweise verfügt keine politische Gruppierung in der Schweiz über eine derart gut gefüllte Kriegskasse wie die SVP. Die Gegner verstanden es, innert kurzer Zeit über die sozialen Medien zu mobilisieren und damit die Befürworter mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Hansi Voigt nennt es gar «Den permanenten Shitstorm» in seinem Kommentar.
Betrachten wir das Ganze also aus kommunikativer Sicht. Drei Dinge scheinen mir dabei bemerkenswert:
1. Social Media sind der heutige Landsgemeindeplatz.
Es war auch ein Wahlkampf, der zum grossen Teil auf Social Media stattfand. Auch wenn das Plakat immer noch eine grosse Rolle in hiesigen Abstimmungskämpfen spielt, war die Gegenbewegung doch vor allem in den sozialen Plattformen zu finden. Diese haben definitiv mehr Wirkung gezeigt als Versammlungen und Demonstrationen im öffentlichen Raum. Die Meinungsbildung der Schweiz findet inzwischen im Internet statt. Hier hatten die Gegner eindeutig die Nase vorn.
2. Heterogenität kann zum Ziel führen.
Die Gegnerschaft wurde in der Sache zwar einheitlich wahrgenommen, aber vom Auftritt her eher als heterogene Bewegung. Das Ganze schien getragen von einer losen Koaliation von Gruppierungen. Natürlich zogen einige wichtige Personen die Fäden, sie blieben aber im Hintergrund. Das war geschickt. Die SVP sah neben dieser farbigen Bewegung eher wie ein monolithischer Goliath aus, der immer nur die gleichen Argumente runterbetete. Als Kommunikationsberater würde man eigentlich von solch breiter Absenderschaft abraten, damit man sich nicht verzettelt. Hier war aber war genau das Umgekehrte richtig für die Gegener der Initiative. Unter dem Hashtag #DSInein könnt Ihr die Vielfalt auf Twitter nachlesen.
3. Es braucht starke Bilder.
Visuell ist die Kommunikation der Gegner von derjenigen der SVP inspiriert. Teilweise übertrifft man gar noch die visuelle Rhetorik der SVP mit kruden Hakenkreuzen und Springerstiefeln – das hätte ins Auge gehen können. Offenbar kommt man visuell hier mit Sachlichkeit nicht weiter. Dieser Kampf ist mit schönen Bildern nicht zu gewinnen, sondern nur mit sehr emotionalen.Die Linke, bzw. die Mitte, hat offenbar auch die Scheu vor nationaler Symbolik verloren. Die Abrissbirne, die die Helvetia zerschmettert, war ein starkes Symbol, auch wenn Designer darüber die Nase rümpfen. Dass die Helvetia nach dem Sieg aufsteht, die «we can do it» Pose einnimmt, ist ziemlich clever. – Fortsetzung folgt!