Auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen schräg, dieses Thema im Agenturblog. Aber auch für den zweiten Blick hab ich ein Argument.
Erstens: Wir suchen immer wieder Mitarbeiter und bei evoq labs wäre das ohne Social Media schier unmöglich. Zeitlich können wir das kaum stemmen, ca. 50 Bewerbungen beantworten und viele Gespräche führen, bis man glaubt, sich gut genug zu kennen um sich für eine Person zu entscheiden. Uns ist der Weg lieber, über unsere persönlichen Netzwerke zu suchen, oder auch uns als Firma finden zu lassen. Und ganz ehrlich, auch Leute, die längst keine Job-Starter mehr sind, könnten über ihre Präsenzen Aktivitäten im Web nachdenken. Auf meiner Visitenkarte steht inzwischen «Senior» und die Netzwerke sind für mich wichtiger denn je.
Zweitens: Heute bin ich am HSR Karierretag in Rapperswil zu Gast. Ich darf mit den Studierenden einen Workshop zum Thema machen. Ich habe für die jungen Leute drei mögliche Strategien vorbereitet:
- passiv (langfristig)
- aktiv (kurzfristig)
- ad-hoc (sich finden lassen)
Wenn du lieber Bilder liest, ist hier die Präsentation:
Die HR Realität sind Jobportale und eigene Websites
HR Verantwortliche suchen selten auf Plattformen nach geeigneten Kandidaten. Letztes Jahr durfte ich dazu eine Masterarbeit betreuen. Die Studentin fand u.a. heraus, dass kaum Zeit investiert wird (werden kann), aktiv ein Profil eines Bewerbers zu besuchen. Was mich wirklich nervös macht ist, dass wir im 2016 noch oder wieder 92 % Stellen über Jobportale besetzen, 87% setzen auf die eigene Website. Jedoch gibt es in Firmen oft Programme zur Mitarbeitergewinnung. Die Leute werden motiviert, in ihren Netzwerken nach potenziellen Kollegen zu suchen. Da wird die persönliche Empfehlung und ein Stück Kollegialität fürs künftige Team frei Haus mitgeliefert. Hier sind also die Tipps, die ich im Workshop heute verpackt habe:
Ein eigenes Job-Netzwerk aufbauen und pflegen ist eine langfristige Investion. Du solltest frühzeitig beginnen, dein Netzwerk abzubilden und dadurch nutzbar zu machen. Es geht ja auch darum, den coolsten Job zu finden und nicht nur einfach sich anstellen lassen, weil HR Abteilungen an einer Hochschule das sogenannte Hochschulmarketing betreiben.
Die gewünschte «Auf-Augenhöhe» oder Social Media für HR und Jobsuchende könnte also auch von Seiten der Kandidaten, also hier Studenten ausgehen.
Langfristige Jobsuche (passiv)
Die passive Jobsuche ist mir persönlich sympathisch. Dafür muss ich nur tun, was ich sowieso tue, kommunizieren und mit Menschen in Kontakt bleiben. Online ist dies noch stärker als offline. Bitte unterstellt mir jetzt nicht, dass ich in real live keine Leute mehr treffe. Das Argument ist nun wirklich verstaubt.
Wen ich kenne – Netzwerk aufbauen
- Account in LinkedIn und XING
- In Facebook, Instagram.. nach bestehenden Job Kontakten suchen und diese auch auf Jobplattformen verbinden.
- Vorsicht, die Plattformen verlangen beim Start das eigene Adressbuch (LinkedIn löst dann E-Mails an alle aus, evtl. ist das unpassend und nervig)
- Bestehende Accounts aktualisieren
- Vorschläge der Plattformen „Personen die Sie vielleicht kennen“ prüfen
- Gezielt Personen suchen, die du aus dem Studium und Arbeitsumfeld kennst
- An Eltern und Geschwister von Freunden denken, wenn es fachliche Gemeinsamkeiten gibt (Branche, Firma, Gespräche)
Mitreden – Netzwerk beleben mit Inhalt
- Bleibe über eigene Beiträge, Kommentare, Gratulationen zu neuen Jobs oder Jubiläen (schlägt LinkedIn vor) oder Mail innerhalb der Plattformen in Kontakt
- Suche Themengruppen, die zu deiner Kompetenz passen und beteilige dich
- Nutze die Apps und Pushnachrichten, damit du mitbekommst, wenn dich jemand anschreibt (die Apps sind nutzerfreundlicher als die Desktopversion)
Was ich kann – Fachkompetenz zeigen
- Für eigene Präsentationen (aus dem Studium) einen SlideShare Account lösen und 2 – 3 Präsentationen hochladen,
diese im LinkedIn Profil teilen - LinkedIn: 3 belegbare Schwerpunkte wählen und unter Kenntnisse ausfüllen
- SlideShare Acccount mit LinkedIn verbinden (Inhalte dort liken = gleichzeitig in
LinkedIn teilen) ggf. Auszüge aus Studienarbeiten (Achtung Rechte mit Hochschule abstimmen) - in LinkedIn kannst du direkt auch bloggen. „Beitrag veröffentlichen“ Achte hierbei auf fachlichen Fokus und ggf. eigene Erfahrung und Meinungen (keine privaten Inhalte)
- auf Medium.com kannst du fachliche Beiträge publizieren und schrittweise eine Community aufbauen. Hier sind hochwertige Beiträge üblich, also eher etwas für fortgeschrittene Blogger und Publizisten
Was andere sagen – Referenzen abbilden
- Aus einem möglichen Job während des Studiums ehemalige oder aktuelle Vorgesetzte oder Kollegen um eine Referenzauskunft
(Funktion in LinkedIn) bitten - 3 Kompetenzen fokussieren und selbst angeben und einige Kontakte in der Plattform bitten, die ‹Kenntnisse› im Profil zu bestätigen (Häkchen)
über diese passive Jobfind-Strategie haben wir übrigens Raoul, unseren derzeitigen Web Applikationsentwickler, gefunden, oder er uns. Ich kannte Raoul bis dahin nur aus Twitter und Facebook, aber das schon seit Jahren. Seit 2 Monaten gehört er zu unserem Team.

Wir suchten ..und er antwortete, natürlich kam danach noch ein Chat, 2 Gespräche, Webrecherche und ein Blick in sein LinkedIn Profil (statt CV)
kurzfristige Jobsuche (aktiv)
XING und LinkedIn sind ursprünglich als Jobnetzwerke konzipiert. Sie haben sich zusätzlich zu contentbasierten Plattformen weiterentwickelt und natürlich mit viel Werbemöglichkeiten. Firmen haben verschiedene Bezahl-Accounts, um mit Bewerbern in Kontakt zu treten. Lasse dich also mit entsprechenden Keywords (Kenntnissen und auch Beiträgen) in deinem Profil finden. HR Teams kennen XINGs Talentmanager nicht (90%), nutzen aber für Kandidatenansprache und Stellenausschreiben die Plattform (Studie in der Präsi). Jobportale und Firmenwebsiten sind wichtigste Suchplattformen für HR. Also heisst es, die eigene Jobstrategie anzupassen:
- Interessiert dich ein ausgeschriebener Job, suche gezielt in XING oder LinkedIn, ob du jemanden in der Firma kennst oder jemanden, der die Kontaktperson kennt (50% aller Jobs werden über Kontakte vergeben). Kontaktiere die Person und frage freundlich an, ob du etwas über die Stelle zusätzlich erfahren kannst. Je nach Konstellation entsprechendes weiteres Vorgehen überlegen.
- Gib bei deinen Bewerbungsunterlagen und Mails den Link zu deiner „Home“ und/oder zu XING und LinkedIn Profil an.
- Interessiert dich eine grosse Firma besonders, abonniere ihre Inhalte innerhalb der Plattform und interagiere gelegentlich mit kompetenten Kommentaren, um auf dich aufmerksam zu machen.
- Nutze die erweiterte Suche der Plattformen (detailliert) für die Stellensuche. Gezielt auch nach Jobbezeichnungen, bekannten Firmen oder Personen suchen. Stellenbörse abonnieren erleichtert dir die Suche.
- XING hat eine eigene Jobbörse in der Schweiz lanciert mit über 50’000 Stellen https://jobs.xing.ch/ die gibt es auch als mobile App.
- Kununu und auch in jobs.xing sind Arbeitgeberbewertungen, die es lohnt anzusehen
- Nutze die Social Media Angaben der Firma auf den Websiten oder Stellenausschreibungen. Meist steckt dort das Marketing oder Kommunikation dahinter. Diese Leute haben einen guten Draht zum internen HR.
Ad-hoc Jobsuche (Sich finden lassen)
Diese Jobsuche ist die Königsdisziplin in meinen Augen. Hier geht es um alles über dich auf einen Blick und auch um Mut. Wichtig für diese Strategie ist, dass du bereits ein gutes Netzwerk hast. Also online. Ich stelle mir einen Fachblog vor oder einen starken Twitter Account. Im Handout hab ich ein Beispiel und Zahlen von Punktefrau, die öffentlich erfolgreich einen Job gefunden hat, bzw. der Job hat sie gefunden. Auch Marc, aka Slartbart suchte öffentlich in der Schweiz einen Job und berichtet über den Erfolg.
- Eigene Website aufbauen (Microsite) individuell gestalten und zu professionellen Social Media Accounts verlinken
- about.me Account lösen, gestalten und alle (nur!) professionelle Social Media Accounts angeben
- Eigenen Blog mit allen Formaten (Bild, Text, Präsentationen, Video) über Erfahrungen berichten, ggf. Auszüge aus Studienarbeiten (Rechte mit Hochschule abstimmen) diese Beiträge kannst du in LinkedIn oder XING updates teilen
- Entscheide dich für eine URL, die du als „Home“ für deine Bewerbungen benutzt
- Du kannst auf einer eigenen Website auch öffentlich schreiben, dass du frei bist für einen Job. Dies ist jedoch die Königsdisziplin der Social Media Kommunikation und bedingt einen guten Ruf und ein aktives Netzwerk.
Und machen wir uns nichts vor: Hier sind wir noch lange nicht angekommen bei dem was möglich ist. Hierarchische Strukturen oder zu wenig Zeit «jetzt auch noch Social Media zu machen» sind real. Dennoch wünsche ich euch Kreativität und starke Netzwerke.
Nicht selten heißt es ja, je mehr Mühe man sich gibt, umso erfolgreicher ist man dann letztendlich auch. Dies gilt auch für Arbeitssuchende, das nahm ich bisher zumindest immer an und schrieb zahlreiche Bewerbungen. In der heutigen Zeit ist es wirklich nicht so einfach, den richtigen Job zu ergattern und irgendein Job soll es schließlich auch nicht sein. Ich halte die Jobsuche mit Social Media für eine effektive Idee, auf sich als potentiellen Arbeitnehmer aufmerksam zu machen, denn es verdeutlicht vor allem auch ein hohes Maß an Motivation zu den üblichen Qualifikationen. Nicht nur Arbeitnehmer suchen geeignete Arbeitgeber, sondern eben auch umgekehrt!
Beste Grüße