Im vergangenen März durfte ich mit einer bunt gemischten Reisegruppe Nepal bereisen. Die Reise unter dem Motto «Hike For A Better Life» war organisiert vom Freundeskreis Nepal und Teamtischer. Im Zentrum stand eine 5-tägige Sponsorenwanderung unter dem Motto „Hike For A Better Life“, welche uns durch mehrere Bergdörfer in der Region von Pokhara im Westen des Landes führte. Ebenso besuchten wir das Kinderdorf und das Youthhostel, welche vom Freundeskreis Nepalhilfe betrieben werden. Ziel unserer Reise war es, vor Ort die Menschen und ihre Lebenssituation persönlich kennenzulernen und zu erfahren, wo es Unterstützung braucht. Dahinter steht die Überzeugung, dass Hilfsprojekte nur dann nachhaltig sind, wenn sie konkrete Perspektiven eröffnen – auch auf der Seite der Spender.
Kathmandu: Chaos, Ordnung und Hoffnung
Für einen Europäer ist Kathmandu wie ein unwirklicher Film. Ein Moloch von sechs Millionen Einwohnern, keine Strassennamen, keine Verkehrsregeln, Tausende von hupenden Mopeds, enorm staubig. Ein wuchernder Organismus von kleinen Geschäften, unfertigen Strassen und Häusern, abenteuerlicher Stromversorgung, Mönchen mit iPhones, unzähligen schlafenden Hunden, Tempeln und Schreinen, daneben Abfallberge und die Ruinen des Erdbebens von 2015. Nichts scheint fertig. Und dennoch: Das alles funktioniert erstaunlich gut. Denn die Stadt ist nicht nur laut und chaotisch, sondern auch durchdrungen von buddistischer Gelassenheit und hinduistischen Ritualen. Die nepalesische Freundlichkeit lassen die desolaten Umstände sehr oft vergessen. Alle haben Zeit, alle haben Geduld, niemand wirkt aggressiv oder frustriert. Dem Fremden begegnet man unvoreingenommen, kaum ein Tourist wird hier zur Projektionsfläche für Neid oder Begehrlichkeiten. Ich fühle mich sicherer als in Paris oder um den Kölner Hauptbahnhof.
Die Berge: Hike for a better life
Unsere Gruppe ist für fünf Tage in der nepalesischen Parbat-Region unterwegs. Wir bewandern verschiedene Dörfer in einer Region, welche sonst kaum je Touristen zu Gesicht bekommen. Die Gegend erinnert mich sehr an das schweizerische Centovalli im Tessin – steile Hänge, Ackerbau auf Terrassen, Dörfer aus Stein. Die Infrastuktur ist dürftig. Es gibt zwar Strom und erstaunlicherweise auch überall mindestens ein 3G-Netz. Aber die Spuren des Erdbebens von 2015 sind hier noch gut sichtbar. Es fehlt an vielem, was ohne Hilfe von aussen nicht zu realisieren ist. In Tangle ist es die Wasserversorgung, anderswo Material für die Dorfschule oder ein Gemeinschaftszentrum. Es geht auch darum, dass diese Dörfer als Gemeinschaften eine Zukunft haben, denn sonst droht wie in allen Entwicklungsländern die Abwanderung vom Land und die Überbevölkerung der Städte.
Aber auch hier, im ursprünglichen Nepal, ist die Freundlichkeit überwältigend. Man empfängt unsere Gruppe überall mit Blumenkränzen und Segnungen. Dabei geht es nicht nur um Dankbarkeit für die geleistete Hilfe, sondern oft ist es auch pure Neugier gegenüber unserer «Hike For A Better Life»-Gruppe. Wir übernachten privat bei den Dorfbewohnern – wobei das alles bedeuten kann, vom einfachen Zweierzimmer bis hin zum Platz im Stall neben dem Wasserbüffel. Das Essen wird von den Dorfbewohnern und unseren Trägern gekocht – wie immer gibt es Reis und Linsen (Dal Bat), dazu verschiedene Gemüse, oder auch mal ein frisch geschlachtetes Hühnchen. Alles sehr lecker, und auf dem offenen Feuer gekocht.
Das Kinderdorf: ein Zuhause
Szenenwechsel: Die Mädchen und Jungs im Kinderdorf in Pokhara begrüssen uns begeistert in Schuluniformen: Im Children’s Village haben über 100 Kinder ein Zuhause gefunden, meist sind es Strassenkinder, Waisen oder Halbwaisen. Der Kontrast zur Umgebung könnte nicht krasser sein, denn das Dörfchen und auch das dazugehörende Jugendhospiz sind richtige Oasen in einem doch eher desolaten Umfeld.
Die Kinder nehmen uns bei der Hand und zeigen uns stolz ihre einfachen, aber sauberen Zimmer, wir spielen zusammen Fussball und tauschen Adressen aus. Am täglichen Morgenappell wird gesungen und präsentiert. Was sich für unseren Geschmack etwas militärisch anfühlt – die Uniformen, die Parolen, alle in Reih und Glied – scheint mitten im kaum entwickelten Nepal wohltuend geordnet und strukturiert – wie ein Anfang einer besseren Welt. Die Kinder rühren mich sehr. Sie sind anhänglich, neugierig und offen, aber man spürt auch den fehlenden Halt. Der Gegensatz zu meinen eigenen, wohlbehütet aufgewachsenen Kindern könnte nicht grösser sein und gibt mir zu denken.
Was ich mitnehme
Niemand hungert in Nepal, und die Menschen sind zufrieden, oder sogar glücklich. Aber was braucht es, um anständig und menschenwürdig leben zu können? Was braucht es, damit man nicht weggeht und anderswo sein Glück versucht? – Auf dem «Hike For A Better Life» habe ich hautnah erlebt, dass es die kleinen Dinge sind, die die Welt für viele Menschen verändern können. In Nepal braucht es oft nur ein paar kleine Schritte, die weg vom Chaos zu einem besseren Leben führen – eine Schuluniform, gekämmte Haare, sauberes Wasser oder Stühle für den Unterricht. Das ist auch der Ansatz vom Freundeskreis Nepalhilfe: Mit möglichst wenig möglichst viel bewegen.
Bei uns im Westen, so scheint mir, ist es oft genau umgekehrt: Auf den letzten Metern wird der Aufwand für Verbesserungen riesig. Wir verlieren uns oft in Dingen, die nicht essentiell sind, die auch unsere Projekte nicht besser machen – ganz zu schweigen von unserer Gesellschaft. Auch in unserer hochentwickelten Wirtschaft könnten wir oft mit Wenigem viel Bewegen – wenn wir genug nachdenken und das Richtige tun. Und dabei auch mehr Gelassenheit walten lassen.
Einen Reisebericht gibt es auch hier.
Der «Hike For A Better Life» wurde organisiert vom Freundeskreis Nepalhilfe e.V. und unserem Geschäftspartner teamtischer gmbh. Spenden zugunsten des Kinderdorfes, des Youthhostels oder auch der Bergdörfer sind jederzeit herzlich willkommen.
Bankverbindung:
VR Bank, Biedenkopf-Gladenbach eG
IBAN: DE73 5176 2434 0069 5697 06
BIC: GENODE51BIK
Begünstigter: Freundeskreis Nepalhilfe e.V., Flurstraße 6, 35080 Bad Endbach/Bottenhorn, Deutschland