Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Bäcker und verlangen ein Brot. Zahlen wollen Sie allerdings nichts, denn Sie möchten es ja bloss einmal kosten. Das Brot beim Konkurrenten nebenan werden Sie ebenfalls unentgeltlich versuchen. Dafür stellen Sie dem Bäckermeister in Aussicht, in einigen Tagen vielleicht ein Brot bei ihm käuflich zu erwerben, sollte es Sie überzeugen. – Eine absurde Vorstellung? Offenbar nicht wenn es darum geht, Aufträge in der Kreativbranche zu vergeben.
Agenturen vortanzen zu lassen erfreut sich in vielen Unternehmen zunehmender Beliebtheit. Nicht selten werden für Konkurrenzpräsentation Kreativaufgaben gestellt, für deren Lösung ein Grossteil des Auftrages bereits geleistet werden muss. Für die Agentur ist dies immer mit dem Risiko verbunden, nach getaner Arbeit mit leeren Händen dazustehen. Das ist unwirtschaftlich, insbesondere wenn sich der Aufwand und das Risiko durch den zu vergebenden Job nicht legitimieren lassen. Aus Agentursicht macht auch reichlich wenig Sinn, sein wichtigstes Gut – Ideen und Know-how – zu verschenken.
Dazu kommt, dass die Rahmenbedingungen bei Pitches oft fragwürdig sind: Unklare Budgets, zu viele Pitch-Teilnehmer, die Forderung nach Abtretung der Rechte, geringe oder fehlende Vergütung. Kunden haben meist keine Vorstellung, wie immens die Aufwände sind, um den hochgesteckten Anforderungen gerecht zu werden. Die Leidtragenden sind dabei nicht nur die Agenturen allein, sondern vor allem auch ihre bestehenden Kunden: Wer sonst bezahlt letzten Endes die unzähligen Arbeitstage, die für Konzepte und Kreation draufgehen?
Meist ist es die Hoffnung auf eine langfristige Kundenbeziehung, die sie trotz widriger Umstände Agenturen dazu bewegt, in den sauren Apfel zu beissen. Doch Unternehmen suchen immer seltener einen langfristigen Partner, sondern eine Lösung für ein einzelnes Projekt. Die Agenturrolle ändert damit vom kreativen Unternehmensberater zum reinen Dienstleister. Diese Entwicklung ist fatal und birgt für den Kunden verheerende Folgen in sich: Unter dem Verzicht auf eine längere Zusammenarbeit leidet die Konsistenz. Dazu kommt der Know-How-Verlust, den ein Agenturwechsel mit sich bringt und sich abermals negativ auf die Qualität auswirkt.
Wie finde ich denn die ideale Agentur für mich?
Um den passenden Agenturpartner zu finden gibt es wesentlich effektivere Wege, die auch mehr Sicherheit für eine gute Zusammenarbeit bieten, als das Veranstalten eines Pitches. Zum Ziel können folgende drei Schritte führen:
- Definieren Sie, was für eine Agentur sie genau suchen und überlegen Sie sich im Vorfeld, was Ihnen wirklich wichtig ist. Kriterien können Standorte, Grösse, Kompetenzen, Marktkenntnisse oder Referenzen sein. Sollten die Kosten von zentraler Wichtigkeit sein, so legen Sie das Budget zu Beginn offen.
- Besuchen Sie die Agentur, lernen Sie die Menschen kennen, schauen Sie wie die Agentur tickt und ob die Kultur auch zu ihnen passt. Gleichen Sie die Vorstellungen der Zusammenarbeit und guter Kommunikation ab. Chemistry Meeting nennt sich das und ist eine effiziente Alternative zum Pitch, um den richtigen Agenturpartner zu finden.
- Machen Sie einen gemeinsamen, bezahlten Workshop, an dem alle Entscheider auf Kunden- und Agenturseite teilnehmen, oder beauftragen Sie die Agentur mit einem konkreten Projekt. Dies sollte ein in sich abgeschlossenes und überschaubares Projekt sein, um die Zusammenarbeit zu testen und um zu sehen, wie die Agentur funktioniert.
Wenn Sie sich diese Punkte zu Herzen nehmen, so werden Sie nicht nur einen passenderen und motiverteren Kreativpartner finden, sondern auch von Beginn an auf brauchbare Resultaten bauen können, die nicht unter einer künstlichen Wettbewerbssituation zustande gekommen sind.