Somit ist am 1. Januar ein Bundesgesetz in Kraft getreten, zu dem wir weder unseren Senf hinzu gegeben haben, noch genau wissen, was es für uns bedeutet. Am öffentlichen Beschaffungswesen hängt – so scheint’s – ein Menetekel. Sich für einen Job von Papa Staat mühselig zu bewerben, meterweise Formulare auszufüllen, finanziell die Hosen runterzulassen und das alles mit unklarem Ausgang ist schon schwer genug. Aber es hätte trotzdem wichtige Gründe gegeben, sich mit dem BöB eingehend zu beschäftigen.
Das Interesse wächst – die Probleme ebenso
«BöB» tönt nach provinziellem Busbetreiber, hat aber hohe wirtschaftliche Bedeutung. Der Bund schreibt im Jahr Aufträge in der Höhe von 5,5 Milliarden Franken aus (2018). Ein Grossteil davon für Bauleistungen und Waren. Es werden jedoch regelmässig auch Dienstleister für Kommunikation, Digitale Plattformen und Werbung gesucht. Im vergangenen, coronageprägten Jahr ist die Teilnahme durch Agenturen an den diversen öffentlichen Ausschreibungen förmlich in die Höhe geschnellt. Ein Insider aus der kantonalen Beschaffung in Basel beschreibt es so: «Wo früher bei kleineren Themen nur eine Handvoll Agenturen mitgemacht haben, bekommen wir heute locker über 30 Bewerbungen. Dabei sind viele renommierten Schweizer Agenturen, die sich früher nie und nimmer für solche Projekte interessiert hätten.»
Vor kurzem war zu lesen, dass das Bundesamt für Umwelt (Bafu) die Bevölkerung über den Zustand der Biodiversität sensibilisieren wollte. Geplant war eine Kampagne über vier Jahre mit einem Budget von 8,7 Millionen Franken. Nun wurde die Ausschreibung aus politischen Gründen abgebrochen und die drei in der Endauswahl beteiligten Agenturen beklagen einen Verlust von insgesamt 800’000.- Franken, wie der Tagesanzeiger
berichtet.
Jetzt wird diskutiert, ob die Entschädigung von je 10’000 Franken genügend sei für den entstandenen Schaden. Das ist es wohl kaum. Aber das Bafu stellt sich auf den Standpunkt, dass der genannte Betrag für die unterliegenden Agenturen im Wettbewerb schon von vornherein klar war und man nun trotz Abbruch nicht mehr erwarten darf. Solche Abbrüche sind leider kein Einzelfall. Letzten Herbst hat die ETH Zürich nach der Einreichung der zahlreichen Bewerbungen für eine mehrjährige Sensibilisierungskampagne aus Budgetgründen die Handbremse gezogen. Dabei sind gar keine Entschädigungen geflossen.
Vielleicht mag sich die Eine oder der Andere an das Ausschreibungsdebakel vom Kanton Schaffhausen erinnern. Der Regierungsrat des Kantons hatte 200 Agenturen für eine Imagekampagne angefragt, 57 reichten Ideen ein, drei Agenturen wurden ausgewählt, ein Konzept wurde ausgearbeitet und ein Aufwand von geschätzten 500’000. Franken stand auf dem Ticker. Am Ende trat der Kantonsrat nicht auf das Geschäft ein und die ganze Arbeit wurde unpräsentiert im Rhein versenkt.
Es tut noch zu wenig weh
Die Fälle zeigen, dass Vorleistungen in einer Agenturauswahl zumindest teilweise als wertfrei gesehen werden. Und das ist nicht nur bei Verfahrensabbrüchen im öffentlichen Beschaffungswesen der Fall. Unsere Branche verpasst es mit regelmässiger Ignoranz, ihren Leistungen ein adäquates Preisschild anzuhängen. Gratis Pitches werden seit Jahren kritisiert. Aber wir haben uns nicht nach Vorne gedrängt, um in der Vernehmlassung zum BöB ein gewichtiges Wort mitzureden. Kein Wunder bleiben wir ungehört mit unserem Wehklagen über unbezahlte Kreativ- und Konzeptarbeit.
Was ist denn nun neu?
Bleibt zu erwähnen, was sich tatsächlich im Beschaffungswesen verändert hat. Erfreulich ist ein wesentlicher Punkt: Qualität und Nachhaltigkeit stehen über dem schieren Preis. In der Formulierung heisst es nun neu, dass nicht mehr das «wirtschaftlich günstigste» Angebot den Zuschlag erhalten soll, sondern das «vorteilhafteste». Das ist durchaus im Sinne unserer Branche, weil damit die Innovationskraft als Kriterium eine besondere Bedeutung erhält. Man darf aber – wie Experten hervorheben – keinen Paradigmenwechsel erwarten. Schon bisher wurde «Wirtschaftlichkeit» nicht ausschliesslich mit «billig» gleichgesetzt.
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Original erschienen im Persönlich